Liebe Leserinnen und Leser,
ich will an dieser Stelle einfach einmal grenzenlos optimistisch sein: Wenn die Impfungen, die inzwischen auch in Kiel gestartet sind, in den nächsten Wochen konsequent fortgesetzt werden; wenn der Lockdown bald Wirkung zeigt; wenn auch noch der Frühling einzieht, der bekanntlich mehr Aktivitäten im Freien ermöglicht, dann könnte Kiel auf ein wunderschönes Gesamtjahr 2021 zusteuern. Mit einem Holsten-Fleet (das vermutlich bald auch offiziell so heißt), an dem sich die Menschen ohne Masken in Gastronomien treffen dürfen, die wie Pilze aus dem Innenstadtboden schießen. Mit einem Hafen, in dem wieder Kreuzfahrer Touristen aus aller Welt zu uns an die Förde bringen; auf Schiffen, die in Kiel immer häufiger Landstrom nutzen können. Mit einem Kulturleben, das nach Monaten des Totalausfalls wieder erblüht. Und vielleicht stabilisiert sich sich die Corona-Lage bis Ostern so nachhaltig, dass die Stadt sogar eine Kieler Woche planen kann, die fast an alte Zeiten erinnert.
Zugegeben, da ist noch viel Wunschdenken dabei. Viele Experten sind da wesentlich skeptischer und erwarten noch Einschränkungen bis weit in den Herbst hinein. Unstrittig aber ist: Kiels Potenzial ist groß, und wir können uns darauf freuen, wenn es sich wieder entfalten kann.
Davor liegen allerdings viele harte Wochen, die wenig Spaß bringen werden.
Wie gefährlich das Virus weiterhin ist, zeigt ein Blick in die Kliniken und die Statistiken. Allein im Kieler Altenheim St. Nicolai, in dem vor knapp zwei Wochen Dutzende Menschen infiziert wurden,
sind inzwischen 13 Bewohner gestorben. Das verdeutlicht einmal mehr, wie wichtig der Schutz vor allem für ältere Menschen ist. Montag soll endlich auch das Kieler Impfzentrum seine Arbeit aufnehmen, in dem zunächst Menschen versorgt werden, die älter als 80 sind. Es zählt jeder Tag.
Weitgehend Pause macht derzeit die Kommunalpolitik. Das haben sich die Ehrenamtler, die zum Teil ihre gesamt Freizeit für ihre Parteien und die Stadt verwenden, mehr als verdient.
Vielleicht kommen auch die Hauptakteure der Rathauskooperation zur Ruhe. Dass Genossen und Grüne an der Förde kaum noch Lust haben, mit der FDP zusammenzuarbeiten, berichtet unser Rathauskorrespondent Michael Kluth. Bislang wurde nur hinter vorgehaltener Hand gelästert, inzwischen kritisieren sich die Fraktionsspitzen auch öffentlich. 2021 wird für das Bündnis deshalb ein Neustart kommen müssen - oder eine klare Trennung. Meine Prognose: Das wird nichts mehr, zumal Grüne und SPD auch ohne die Liberalen über eine Mehrheit in der Ratsversammlung verfügen.